Unfug zu Freenet auf golem.de

→ Auf Golem.de wurde heute ein … mäßig guter Artikel zu Freenet veröffentlicht. Die Zusammenfassung ist „Hauptsächlich Schmuddelinhalte, viele von 2008, mehrere Minuten Ladezeit, begrenzter Speicherplatz und wenig Anonymität außer mit Darknet“. Das hier ist meine höfliche Antwort.

Update: Nachdem ich mich auf Twitter beschwert habe, hat der Autor versprochen die im Artikel völlig fehlenden Kommunikationsprogramme zu erwähnen. Doch das einzige, was ich finde, ist die Zeile „So gibt es beispielsweise Foren (FMS), Microblogging-Dienste (Sone) oder Chat-Programme (FLIP), die nachgerüstet werden können.“ unter der Überschrift „Daten werden in Schlüsseln gespeichert“ - also da, wo niemand nach Kommunikationsprogrammen suchen würde. So sieht eine Minimalkorrektur aus, wenn man die Wirkung des Artikels nicht von Fakten trüben lassen will. Informieren, dass was fehlte? Änderungshinweis? Fehlanzeige. Nichtmal einen Kommentar im eigenen Forum war es wert.

Was im Beitrag fehlt sind die Bereiche, in denen Freenet-Nutzer sich praktisch austauschen: Die Foren (FMS), Microblogging (Sone) und Chat (FLIP).

Für neue Nutzer sind die nicht gleich sichtbar (Zusatzsoftware), aber sie sind der Grund, warum wenig in Blogs steht: In den Plugins und Foren findet die ganze Interaktivität statt.

Trotzdem listet Nerdageddon über 300 Seiten, die seit 2013 hochgeladen oder aktualisiert wurden, allerdings keine einzige von 2008 - ich weiß also nicht, woher die Information mit den alten Seiten kommt.

Wer Hintergrund will: Freenet Sozial Networking Guide („soziale“ Anwendungen) oder Nerdageddon (Seiten in Freenet)

Eine Ladezeit von Minuten für eine Webseite in Freenet habe ich schon lange nicht mehr erlebt. 5 bis 30 Sekunden trifft es eher. Wobei mit FLIP (Chat) 60s für eine komplette Round-Trip-Time reichen, also bis eine Antwort auf eine Frage eintreffen kann.

Der begrenzte Speicherplatz ist aktuell „etwa 140 Terabyte“ und steigt automatisch wenn neue Leute dazukommen.

Und die begrenzte Anonymität in Freenet, weil es mit moderatem Aufwand möglich ist, die IPs aller Freenet Nutzer zu finden, gilt wie im Tor FAQ beschrieben genauso auch für Tor. Das als „wenig Anonymität“ hervorzuheben ist damit eine offensichtliche Irreführung, die hoffentlich in zu großem Vertrauen auf Tor wurzelt.

Zusätzlich zu der im Artikel verlinkten Liste mit möglichen Schwachstellen gibt es übrigens noch die allgemeine Security Summary und die Opennet Attacks. Aus der Offenlegung der für die Entwickler denkbaren Schwachstellen auf fehlende Anonymität zu schließen ist allerdings voreilig, solange diese Anonymität nicht mit anderen Diensten verglichen wird.

PS: Ich würde Golem um eine Richtigstellung bitten. Jeder Autor und jede Autorin ist natürlich frei, den Fokus eines Artikels zu wählen, aber sofort erkennbare Irreführungen sollten nicht sein. Das alles hier habe ich auch in den Kommentaren zum Artikel geschrieben, der Autor weiß es also spätestens jetzt.

PPS: Der Autor findet das nicht, weil das bei ihm so aussah. Meine Fragen zu Testmethode und Konfiguration wurden bisher ignoriert:

PPPS: Die Aussage im Artikel „Es gibt auch kein einzelnes Darknet, sondern eine Vielzahl von Darknets, in denen sich Teilnehmer treffen, die sich gegenseitig vertrauen“ erweckt den Eindruck, die Darknets wären voneinander abgeschottet. Das stimmt so nicht: Auch wenn es möglich ist, viele kleine Darknets zu schaffen, ermöglicht es Freenet gleichzeitig, diese kleineren Darknets über das offene Netz zu verbinden. Wenn auch nur eine Person in dem Darknet eine Verbindung ins nicht versteckte Netz hält, können alle im Darknet auf alle Inhalte in Freenet zugreifen und auch Inhalte hochladen. Wenn genügend Leute Freenet nutzen, dürften die kleineren Darknets außerdem laut der immer wieder bestätigten Kleine-Welt-Hypothese auf „natürliche Art“ verbunden werden: Die vereinen sich zu einem großen Darknet.

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