→ Kommentar zum Text Der Bluff der Internetversteher in der Taz.
Im ganzen Artikel klingt hier mit, dass das Internet nichts wesentliches ändert. Aus der Sicht einiger Weniger ist das auch wahr: Für einen bestimmten Personenkreis ändert das Internet nämlich (fast) nichts: Für diejenigen, die vorher bereits die Zeit und das Geld hatten, ihre Meinung mit anderen zu teilen.
Anders gesagt: Der Intelligenzia1 (Begriff aus dem Artikel) bietet das Internet nichts - außer der Möglichkeit, mit denen zu diskutieren, die früher nicht sprechen konnten.
Für den Großteil der Menschen bietet das Internet dagegen sehr wohl etwas Neues: Die Möglichkeit zu jeder Zeit mit jeder Person in Kontakt treten zu können.
Es heißt, die Druckerpresse gibt Redefreiheit denen, die sich eine Presse leisten können.
Das Internet gibt Redefreiheit allen, die sich einen Internetanschluss leisten können. Und das trifft in Deutschland auf einen breiten Querschnitt der Gesellschaft zu: Von Jugendlichen bis hin zu über 50 jährigen (von denen ihrem Artikel nach 50% bis 75% bereits online sind).
Entsprechend müssen diejenigen das Internet bekämpfen, deren Argumente sich nicht selbst tragen können:
Zensur: Die disruptive Kraft des Internet eindämmen und die Informationshoheit wiederherstellen, die in Europa seit 2000 Jahren bestand.
— Arne Babenhauserheide (2014-07-14)
Wenn Politiker über das Internet Antworten geben, dann sind sie für deutlich mehr Menschen zugänglich, als wenn sie nur Briefe lesen.
Wenn Politiker auf einem eigenen Blog schreiben, können sie viele Menschen erreichen, ohne dass ihre Aussagen durch zentral kontrollierte Medien oder Kommunikationsplattformen verfälscht werden.
Und das gleiche gilt für jede Einzelperson. Es gibt damit keine strukturelle Informationshoheit der Politiker und Massenmedien über die Masse der Leute mehr. Informationshoheit wurde zu einem sozialen Effekt, der auf sozialem Weg durchbrochen werden kann. Es gibt finanzielle Verfälschungen des sozialen Informationsflusses, aber keine harten Grenzen mehr.
Um ihre Argumente zu verbreiten, muss die Intelligenzia sie jetzt so verfassen, dass die Masse sie lesen kann. Sie muss sich allerdings gleichzeitig nicht mehr notwendigerweise denen andienen, die den Informationsfluss kontrollieren. Auf diese Art ist auch die Intelligenzia unabhängiger geworden - allerdings nur der Teil von ihr, der Probleme mit den Herrschenden hatte. Auf lange Sicht, sind das alle: Wer sich informiert und die eigene Haltung regelmäßig kritisch hinterfragt, wird immer irgendwann in Konflikt mit Herrschenden kommen — schon alleine, weil Korruption bei Leuten mit Macht nie vollständig verhindert werden kann.
Nicht zuletzt macht es das Internet außerdem sehr einfach, Leute mit ähnlichen Interessen zu finden. Um das mal zu belegen:
» @ArneBab thank you!! Twitter makes things not-so-anonymous! it's like I have a whole bunch of gaming buddies I haven't met yet in my pocket! «
— growingupgamers
Diese informelle Gemeinschaft zwischen Fremden können normale Leute nur dank des Internet erleben.
Allerdings ist sie praktisch bedroht, weil es durch ständige Angriffe auf Webseiten immer schwerer wird, selbst eine Infrastruktur für die Veröffentlichung im Internet zu erhalten. Als im Juni 2015 meine Webseiten wegen einem Crackerangriff für 4 Wochen offline waren und ich sie nur retten konnte, weil meine Familie für 3 Wochen in Spanien war, habe ich erkannt, wie brüchig unsere Redefreiheit im Netz ist und wie die ständigen Sicherheitslücken uns drängen, unsere Infrastruktur zu zentralisieren — und damit kontrollierbar zu machen. Zum Glück gibt es Initiativen dagegen — wie z.B. eine Seite transparent über das anonyme Freenet Project zu liefern.
Angriffe auf die größere Freiheit des Internet werden heutzutage durch Machtkonzentration, Überwachung und Zersplitterung, durch einen Hagel von Desinformationen, und durch steigende Abhängigkeit der Medien von Drittfinanzierung geführt.
Damit wird seine Rolle zerstört, eine weniger hierarchische Grundlage zu sein, um als Gruppen Entscheidungen treffen können, die unseren Interessen entsprechen.
Eine weitere Antwort dort auf einen Kommentar:
Wenn Politik nicht an unverhandelbaren, historisch gewachsenen Idealen und politischer Professionalität festgemacht ist, kann sie Umverteilungsprozesse zugunsten der Mehrheit weder legitimieren noch organisieren.
Wieso das? Man könnte ja auch über die Ideale abstimmen…
Massiv gestreute Desinformation zerstört die Grundlage dieser informellen Gemeinschaft im Internet. Wenn gegen die Tagesschau gefälschte Selbstbezichtigungen mit Entschuldigung im Stil von Maos Schauprozessen in China über soziale Netzwerke verbreitet werden erzwingen die Fälscher eine Re-Hierarchisierung der Kommunikation.
Denn die Tagesschau ist — bei all ihren Schwächen — immernoch bei weiterm verlässlicher als die meisten anderen Informationen im Netz, weil sie nach journalistischen Grundsätzen arbeitet, die von unabhängiger Stelle kontrolliert und manchmal angemahnt werden. Dass sie manchmal angemahnt werden bedeutet damit nicht, dass sie weniger verlässlich sind als die, die gar nicht kontrolliert werden, sondern dass sie höheren Standards unterliegen, die sie nicht immer erreichen.
Ich traue eher denen, die manchmal ihre angestrebte Verlässlichkeit verfehlen, als denen, die gar nicht erst versuchen, so verlässlich zu sein.
Im Zweifel eher Tagesschau.
Wer sich an dem Ausdruck „Intelligenzia“ stört kann den Artikel lesen. Dort steht „Intelligentsia“, was sich für mich so fremdartig anfühlte, dass ich lieber eine gleich klingende aber einfacher lesbare Schreibung gewählt habe. Wikipedia verlinkt beides auf die russische Intelligenzija. ↩
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4 Stunden später, immernoch
4 Stunden später, immernoch nicht freigeschaltet…
Die Taz lässt sich in letzter Zeit viel Zeit mit dem Freischalten von Kommentaren…